Früh übt sich

Im Gespräch mit Jugendparlamentarier
Justus Hellmann

Es ist ein Experiment und noch lange keine Selbstverständlichkeit in der deutschen Städtelandschaft: das Jugendparlament. Es existiert in Cloppenburg seit dem 11. September 2016 – und zeigt, wie fortschrittlich man in Cloppenburg denkt. Seitdem versuchen 21 gewählte Mädchen und Jungens, für ihre Altersgenossen das Leben in der Stadt noch lebenswerter zu machen. Zugegeben: Noch ist das Jugendparlament im Bewusstsein der Cloppenburger nicht fest verankert. In der kurzen Zeit kann man eben keine Berge versetzen. Und dennoch ist einiges in Bewegung geraten, wie Justus Hellman (16) zu berichten weiß:

Worum ging es denn bei eurer letzten Sitzung?

Justus Hellmann: Da ging es um jede Menge Themen: Kooperation mit dem Stadtjugendring, unser Projekt Fahrradüberdachung an Schulen, Gespräche mit der Jugendkirche Cloppenburg, Berichte über die Arbeit des Stadtrates …

Was war wohl der spektakulärste Tagesordnungspunkt?

Wahrscheinlich unser Antrag, im Mehrgenerationenpark eine Graffiti-Wand aufzubauen. Den haben wir abgestimmt und auf den Weg gebracht.

Und wie war die Stimmung untereinander?

Die ist immer sehr gut. Wir sind ja keine Parteigänger und untereinander keine Rivalen, wie man es aus anderen Parlamenten kennt. Wir sind eigentlich nur Jugendliche, die sich gut verstehen.

Und was steht für 2019 auf dem Programm des Jugendparlamentes?

Das große Thema sind für uns natürlich die Neuwahlen des Jugendparlaments.

Wann sind die?

Am Sonntag, den 26. Mai – zusammen mit den Wahlen zum Europaparlament.

Wer darf sich denn für das Jugendparlament zur Wahl stellen bzw. an der Wahl teilnehmen?

Man muss Cloppenburger und zwischen 14 und 24 Jahre alt sein.


Justus Hellmann, Jugendparlamentarier 

Welche Kanäle könnt ihr nutzen, um bei diesen Jugendlichen für die Wahl zu werben.

Wir haben beispielsweise all unsere Bekannten gebeten, an ihrer Schule die Lehrer, die Politik unterrichten, zu bitten, die Wahl zu thematisieren. Schülerinnen und Schüler sind eben unsere größte Zielgruppe. Wir werden aber auch mit Plakaten und einem Stand in der Fußgängerzone Werbung machen. Und wir werben auf Facebook.

„Also bislang haben wir ausschließlich positive Reaktionen auf unsere Arbeit.”

Das alles ist ja Werbung für das Jugendparlament als solches bzw. Werbung für die Teilnahme an der Wahl. Aber macht ihr auch für euch selbst eine Art Wahlkampf, damit man euch wählt?

So ein bisschen. Also die meisten kommunizieren einfach in ihrem Bekannten- und Freundeskreis oder auch an ihrer Schule, dass sie sich fürs Jugendparlament bewerben.

Nochmals zurück auf Inhalte: Was ist 2019 für das Parlamentuch besonders wichtig?

Also im Vordergrund steht für uns die bessere Mülltrennung an den Schulen.

Weshalb ist das so schwierig, eine bessere Mülltrennung einzuführen?

Aus unterschiedlichen Gründen: weil zum Teil neue Abfallcontainer bzw. Abfallsammelsysteme im großen Stil angeschafft werden müssen; weil wir auf die Schulen des Landkreises, die es neben den städtischen Schulen in Cloppenburg gibt, keinen Einfluss haben; und weil es mit den Reinigungsfirmen, die an Schulen die Mülleimer, Papierkörbe etc. leeren und den Müll sortieren, langfristige Verträge gibt. Die müssten der neuen Mülltrennung angepasst werden. Das muss braucht Zeit. Aber wir bleiben dran an dem Thema.

Wer etwas bewegen will, braucht nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Habt ihr denn welches?

Wir haben einen Etat, über den wir frei verfügen können. Das sind 5.000 Euro jährlich. Damit kann man natürlich keine großen Sprünge machen. Wir mussten das Geld erst mal einsetzen für Flyer und einen Infostand, um auf das Jugendparlament und unsere Projekte aufmerksam machen zu können.

Das bedeutet: Wenn ihr ein Projekt umsetzen wollt, müsst ihr Politiker und Stadtverwaltung überzeugen – und die müssen dann das Geld bereitstellen.

Genau.

Wie reagieren die Cloppenburger auf euch, wenn sie in der Fußgängerzone mit dem Jugendparlament konfrontiert werden?

Die meisten wissen gar nicht, dass Cloppenburg ein Jugendparlament hat. Aber sie sind sehr interessiert an unserer Arbeit und nehmen unseren Flyer für Sohn, Tochter oder auch Enkel und Enkelin mit nach Hause. Also bislang haben wir ausschließlich positive Reaktionen auf unsere Arbeit.

Wie bist du überhaupt dazu gekommen, dich für das Jugendparlament zu engagieren?

Als ich davon gehört hatte, dachte ich: Gut, dass es so etwas gibt. Dann fand ich es gut, mich zu engagieren. Es macht ja auch einfach Spaß, dass man so ein bisschen was bewegen kann. Es ist eigentlich eine coole Freizeitbeschäftigung. Und dass meine Mutter ebenfalls in der Kommunalpolitik tätig ist, hat mich sicher auch beeinflusst.

Und haben sich deine Erwartungen erfüllt?

Also es ist sehr interessant, am politischen Leben in Cloppenburg teilzunehmen. Man bekommt einfach mit, wie politische Entscheidungsfindung funktioniert. Und man sitzt nicht nur rum und schimpft vielleicht darüber, was die da oben machen. Man kann selbst etwas bewirken und ansprechen, was einen immer schon mal gestört hat. Dabei hat man nicht mal super viel Aufwand.

Das heißt: Wie viel Zeit muss ein Mitglied des Jugendparlamentes überhaupt investieren?

Das kann unterschiedlich sein – je nachdem, wie stark ich mich engagieren will. Also alle sechs Wochen, wenn das Jugendparlament tagt.

Vielen Dank für das Gespräch.