Rund 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produzieren bei Derby Cycle in Cloppenburg auf zehn Produktionsstraßen pro Tag etwa 2500 Fahrräder, davon etwa die Hälfte E-Bikes – Tendenz steigend. Auch wenn unter der Dachmarke Derby Cycle vier unterschiedliche Fahrradmarken firmieren, gilt Kalkhoff als tragende Säule der Gruppe, nicht zuletzt wegen der sehr erfolgreichen Kalkhoff-E-Bikes. Ein Grund mehr, „100 Jahre Kalkhoff“ gebührend zu feiern, findet Lisa-Maria Schouten (Brand Director Kalkhoff / Derby Cycle).
Bei 2500 Fahrrädern pro Tag muss der Automatisierungsgrad in Ihrem Werk sehr hoch sein!
Schouten: Zumindest der Logistik-Aufwand. Denn bei etwa 80 unterschiedlichen Modellen, die wir gleichzeitig produzieren, müssen die Produktionsdaten gut aufeinander abgestimmt sein. Aber dahinter stehen immer noch jede Menge Menschen.
Also keine menschenleere Roboter-Fabrik?
Ganz und gar nicht. Denn Handarbeit spielt bei uns nach wie vor eine enorm wichtige Rolle – genauso wie zu Heinrich Kalkhoffs Zeiten. Allein schon bei der Vormontage oder der Laufradfertigung, bei der wir noch die Speichen per Hand einziehen. Oder denken Sie an unsere aufwendigen Lackierungen mit unterschiedlichen Dekoren. Das alles sind sehr handintensive und anspruchsvolle Tätigkeiten.
Also nichts für Hilfskräfte?
Unsere meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen viele Fachkenntnisse.
Worauf darf sich denn Ihre Belegschaft im Jubiläumsjahr freuen?
Wir haben richtig was vor. Mitte Juni feiern wir das Jubiläum auf dem Firmengelände – mit riesigem Festzelt, jeder Menge Musik, Foodtrucks, Geburtstagskuchen und anderem mehr.
Da dürfte Ihr Firmengelände gut frequentiert sein?
Was wir Anfang August noch toppen werden. Da haben wir nämlich unsere Händler zu unserer Hausmesse „Ride-on“ eingeladen. Zu dem Event erwarten wir etwa 4500 Gäste aus aller Herren Länder.
Sicherlich nutzen Sie das Jubiläum auch noch für andere Marketing-Maßnahmen?
Seit Anfang des Jahres ist bereits unser Kalkhoff-Truck auf Tour. Er wird europaweit etwa 300 Kalkhoff-Händler anfahren, um dort vor Ort unser Jubiläum zu feiern, unsere aktuelle E-Bike-Palette zu präsentieren und fünf unserer Jubiläumsräder zu verlosen.
Was hat es mit dem Jubiläumsrad auf sich?
Wir haben ein Jubiläumsrad namens „Heinrich“ aufgelegt …
… zu Ehren von Firmengründer Heinrich Kalkhoff …
Richtig. Es gibt davon nur zehn Exemplare – für ganz besondere Anlässe. Das E-Bike hat zum einen edle Einzelkomponenten, zum anderen haben wir ein einmaliges Design mit einer Kombi-Lackierung in Matt-Glänzend verwirklicht. Und als nette kleine Spielerei thront vorne auf dem Schutzblech ein raffinierter Retrowimpel aus dem 3-D-Drucker.
Man sieht: Sie haben jede Menge zu feiern. Haben denn die Cloppenburger auch etwas davon?
Für sie gibt es das große Fahrradfestival am Samstag, den 15. Juni, in der Innenstadt. Da sind wir auch mit dabei.
Was erwartet die Cloppenburger?
Das ist ja eine gemeinsame Veranstaltung von Stadt, Museumsdorf und Derby Cycle. Die Gäste erwartet beispielsweise unser bereits erwähnter Kalkhoff-Event-Truck, mit dem wir unsere neuesten E-Bikes präsentieren. Außerdem werden unter allen, die am Stadtradeln teilgenommen haben, Preise verlost. Da haben wir den ersten Preis gestiftet.
Der wäre?
Ein Kalkhoff-Retro-Bike. Ein weiteres Highlight steuert Wolfgang Hagemann bei, der seine schönsten Rennmaschinen präsentiert. Außerdem wird es mehrere Stationen zum Thema Fahrrad und einen Stand des ADFC geben, der über Sicherheit informiert. Jede Menge Musik, Essen und Trinken runden das Festival ab. Und nicht zu vergessen: Im Museumsdorf wird die Sonderausstellung „100 Jahre Kalkhoff“ eröffnet. Darauf freuen wir uns sehr. Da wird übrigens auch ein „Heinrich“-Jubiläumsrad zu sehen sein.
Das Radfestival ist auch Ziel einer etwa 7 Kilometer langen Fahrradtour, die im Museumsdorf startet. Motto der Tour: Auf den Spuren von Heinrich Kalkhoff. Hat er denn in Cloppenburg so viele Spuren hinterlassen?
Mehr, als man vermutet. Die Teilnehmer der Tour werden mehrere historische Stationen von Heinrich Kalkhoff passieren, darunter seinen ehemaligen Wohnsitz, seine Werkstatt oder auch das Postamt, auf dem er gearbeitet hat, bevor er in die Fahrradbranche einstieg.
Kalkhoff-Fahrräder waren ja schon zu Zeiten Kalkhoffs etwas Besonderes. Sie galten beispielsweise als extrem robust. Was ist heute das Besondere an Kalkhoff?
Das Besondere heute sind natürlich unsere E-Bikes.
Sie verkaufen sich bekanntermaßen sehr gut. Weshalb?
Zum einen, weil wir mit unserer Technik immer auf dem neuesten Stand sind. So haben wir beispielsweise vor ein paar Jahren als Erste den Mittelmotor mit Rücktritt angeboten. Der wurde bislang über 600.000-mal verkauft. Was aber sofort ins Auge fällt, ist unser puristisches Design.
„Fahrrad und Fahrradkultur sind für die Stadt Cloppenburg extrem wichtig, was ihre Positionierung im Städtemarketing angeht. Da könnten wir uns ebenfalls engagieren.”
Welche Philosophie steckt dahinter?
Wir wollen, dass die ganze Technik sozusagen im Rahmen verschwindet – also weitgehend unsichtbar bleibt. Bestes Beispiel sind unsere Batterien, die sehr schlank in den Rahmen integriert sind.
So ein Design fällt aber nicht vom Himmel?
Nein, dafür haben wir unsere Entwicklungsabteilung. Die entwickelt entsprechende Designkonzepte und Rahmenkonstruktionen, die dann als Prototyp gebaut und in unserem Testlabor auf Herz und Nieren geprüft werden.
Ist der Rahmen so wichtig?
Der Rahmen eines E-Bikes hat ja mehr Funktionen als bei einem „normalen Fahrrad“. Denken Sie an die integrierten Batterien und Elektroantriebe. So haben wir beispielsweise eine Rahmenplattform entwickelt, die bis zu vier unterschiedliche Antriebe aufnehmen kann.
Wagen wir einen kurzen Blick in die Zukunft: Wohin geht die Reise mit dem E-Bike?
Das E-Bike spricht jüngere Zielgruppen an und wird Teil der individuellen Mobilität jedes Einzelnen sein. Es wird auf bestimmten Distanzen noch mehr als alternatives Verkehrsmittel genutzt werden. Die Vernetzung zwischen Smartphone und E-Bike wird zunehmen. Zudem drängen neue Mobilitätskonzepte auf den Markt, die das E-Bike noch attraktiver machen …
… meinen Sie damit E-Bikes als Dienstrad oder auch Leasing-Konzepte?
Genau, oder auch E-Bike statt Zweitwagen. Alles deutet darauf hin, dass der E-Bike-Markt noch lange nicht am Ende des Wachstums ist.
Lassen Sie uns noch einmal zurückblicken: Was kann man von Heinrich Kalkhoff lernen?
Dass man sich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren sollte. Und dass man das Rad nicht immer neu erfinden muss. Er hat beispielsweise schon in den 1950er Jahren das gemacht, was wir mit unserem Event-Truck machen: mit einem Messeverkaufswagen Kalkhoff-Händler angefahren.
Was halten Sie von einem Fahrrad-Museum in Cloppenburg?
Das könnten wir uns grundsätzlich sehr gut vorstellen. Fahrrad und Fahrradkultur sind für die Stadt Cloppenburg extrem wichtig, was ihre Positionierung im Städtemarketing angeht. Da könnten wir uns ebenfalls engagieren.
Vielen Dank für das Gespräch.