Wenn es um die eigene Mobilität geht, tun sich viele mit dem Klimaschutz schwer. Für sie ist das Auto alternativlos. Dass es auch anders geht, beweist Wiebke Böckmann. Sie ist fast nur mit dem Rad unterwegs – und kommt ganz ohne eigenes Auto aus. So weit zu ihrem Privatleben. Von Amts wegen ist Wiebke Böckmann Klimaschutzmanagerin der Stadt Cloppenburg, deshalb spielt das Fahrrad auch in ihrem Job eine große Rolle.
Mal salopp gefragt: Haben Sie überhaupt einen Führerschein?
Böckmann: Doch doch, den hab’ ich. Aber mein Parkplatz vor dem Haus wird nur von meinen Gästen benutzt. Ich habe ganz bewusst auf ein Auto verzichtet.
Ist das Rad wirklich eine Mobilitäts-Alternative?
In Cloppenburg auf jeden Fall. Ich wohne relativ zentral und komme mit dem Fahrrad überall gut hin. Ob Freunde besuchen, Einkaufen, zur Arbeit fahren, in der Freizeit unterwegs sein – hier ist alles so schön nah’ beieinander.
Was machen Sie, wenn der Weg zu lang wird?
Wenn ich längere Strecken unternehme, nehme ich meist den Zug. Busse bieten im Moment noch keine ausreichenden Alternativen. Der Busfahrplan ist eben noch sehr auf Schüler zugeschnitten, wo der entsprechende Bedarf gegeben ist. Aber der Landkreis arbeitet gerade daran, mit einem Rufbussystem regional sein Angebot zu erweitern.
Hand aufs Herz: Vermissen Sie das Auto nicht manchmal doch?
Das ist eine Frage der Gewohnheit. Natürlich sind die Spielräume kleiner und etwas Spontanität geht verloren. Deshalb plant man bewusster, denkt mehr im Voraus. Aber das Fahrrad ist einfach weniger umständlich als ein Auto. Und auf vielen Strecken bin ich sogar schneller unterwegs, weil ich kürzere Wege nehmen kann und inzwischen gute Schleichwege kenne.
Für Sie als Klimaschutzmanagerin der Stadt Cloppenburg spielt das Fahrrad sicherlich ebenfalls eine große Rolle. Was macht die Stadt, um ihre Bürgerinnen und Bürger zum Fahrradfahren zu ermuntern?
Wir versuchen, den Spaß am Fahrradfahren zu wecken und die Bürger zu motivieren, viele Wege mit dem Rad zu fahren. Dafür gibt es vielfältige Angebote. Und wir zeigen, dass Radfahren in Cloppenburg sehr gut funktioniert und eine ernst zu nehmende, umweltfreundliche Mobilitäts-Alternative ist.
Und wie kommunizieren Sie diesen Ansatz?
Wir haben unter anderem unsere „Radwochen“ von April bis September. Da präsentiert die Stadt Cloppenburg ein unterhaltsames, abwechslungsreiches Fahrrad-Programm. Wir laden beispielsweise alle Cloppenburger zu diversen Radtouren ein und organisieren regelmäßig die Aktion „STADTRADELN“. In diesem Jahr haben wir zudem in der Innenstadt ein großes Radfestival organisiert, um „100 Jahre Kalkhoff“ zu feiern. Wir hatten bereits die Rennrad-Klassiker-Ausfahrt „Rund um Cloppenburg“ und freuen uns jetzt auf das 5. Citycross Rennen im Rahmen unseres Cityfestes.
Die Lust, aufs Fahrrad zu steigen, ist ja auch eine Frage der örtlichen Gegebenheiten, sprich: Wie fahrradfreundlich ist die Stadt, in der ich wohne?
Wir optimieren kontinuierlich und systematisch mit vielen Einzelmaßnahmen die Fahrrad-Infrastruktur. Grundlage dafür ist unser Radverkehrskonzept von 2014 sowie ein politisch angeschobenes Sonderinvestitionsprogramm zur Ausweitung und Optimierung des Radwegenetzes in Cloppenburg mit insgesamt 1,5 Mio. Euro ab 2015. Seitdem gibt es jährlich einen Statusbericht und das Konzept wird daraufhin angepasst.
Welche Maßnahmen muss man sich darunter vorstellen?
Jede Menge: Wir bauen neue Radwege und schließen die Lücken zwischen vorhandenen Radwegen. Zudem optimieren wir alte Radwege, indem wir sie verbreitern oder die Qualität der Asphaltdecke verbessern. Wir richten Radschutzstreifen auf Fahrbahnen ein oder installieren Querungshilfen – beispielsweise Fahrradmarkierungen auf der Fahrbahn zum Abbiegen oder Verkehrsinseln auf der Fahrbahnmitte –, erneuern Radmarkierungen und anderes mehr. Auf diese Weise optimieren wir kontinuierlich unsere Fahrrad-Infrastruktur.
Welche Summen werden dabei investiert?
Beispielsweise beginnen wir in diesem Jahr mit zwei Radwegprojekten. Zum einen ein Radwegneubau an der Stalfördener Straße, für den die Stadt 820.000 Euro investiert. Zudem wird ein vorhandener Radweg entlang der Soeste erneuert und ausgebaut. Dafür nimmt die Stadt rund eine Millionen Euro in die Hand. Und wo möglich, akquirieren wir zusätzliche Fördermittel.
„Jeder, der sein Auto stehen lässt, vermeidet natürlich Emissionen – auch wenn die Mengen nur klein sind. Aber wenn viele etwas tun, können sie auch viel bewegen.”
Welchen Service bieten Sie für den Pendlerverkehr am Bahnhof?
Wir planen, am Cloppenburger Bahnhof Fahrradboxen zu installieren, damit man sein Fahrrad sicher einschließen kann. Schließlich werden die Räder immer wertvoller, wenn man speziell an E-Bikes und Pedelecs denkt. Und kostenlos „Luft tanken“ können Radfahrer dort bereits auch jetzt schon.
Ist die Stadt Cloppenburg auch von Amts wegen fahrradaffin?
Wir haben seit 2014 zwei Pedelecs im Einsatz, die von den Kollegen für Kurzstrecken gerne genutzt werden.
Sie müssen es doch bestens wissen: Wie fährt es sich denn so auf Cloppenburgs Straßen?
Generell sind die Bedingungen für Radfahrer sehr gut. Auf vielbefahrenen Straßen braucht man allerdings oft ein dickes Fell. Einige Autofahrer wissen noch nicht, dass Fahrradfahrer gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer sind, die auch auf der Straße fahren dürfen. Manche versuchen, einen von der Straße zu hupen. Da braucht man schon ein breites Kreuz, eine defensive Fahrweise – und ich trage eine auffallend orangefarbene Jacke.
Was würden Sie sich als Radfahrerin wünschen?
Gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr wäre sehr schön. Noch mehr sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und E-Bikes. Auf manchen Straßen vielleicht auch Tempolimits. Und was toll wäre: Lastenräder zum Ausleihen – wenn man mal was Schweres oder Großes zu transportieren hat.
Denken Sie, dass der Umstieg aufs Rad mithilft, das Klima zu schützen?
Jeder, der sein Auto stehen lässt, vermeidet natürlich Emissionen – auch wenn die Mengen nur klein sind. Aber wenn viele etwas tun, können sie auch viel bewegen.
Vielen Dank für das Gespräch.